Die einen feiern Erntedankfest, die anderen suchen sich den zweiten Mann: Es ist wieder so weit, der Stamm der Aït Haddidou nahe dem kleinen Städtchen Imilchil hat sich von den Strapazen des sommerlichen Ramadans erholt und bereitet sich nun voller Vorfreude auf den Moussem am 25 km entfernt gelegenen Grab des Schutzpatrons Sidi Ahmed Oulmghani vor.
Moussem, das bedeutet 5 Tage Wallfahrt und größter Markt der Region. Doch fast noch spannender als Viehhandel ist für den Reisenden die Heiratsbörse – ein für den islamischen Kulturkreis einzigartiges Geschehen: Geschiedene und verwitwete Frauen, zu erkennen an ihren spitzen Hauben, dürfen sich auf diesem Markt selbst ihre Ehemänner aussuchen. Der Höhepunkt der Feierlichkeiten ist schließlich die Vermählung all dieser bereits lange vor dem Moussem ausgehandelten Ehen vor der Koubba des Heiligen.
Der Brauch der Aït Haddidou, ihre Frauen bei einer Zweitehe selbst wählen zu lassen, hat zu einer vergleichsweise hohen Scheidungsrate geführt. Ist man erst einmal verheiratet, ist man schnell auch wieder geschieden, wenn der von den Eltern ausgesuchte Ehemann nicht zusagt. Und dann darf man beim nächsten Heiratsmarkt, nun bekleidet mit der spitzen Haube, selbst nach dem Richtigen Ausschau halten. Wer weiß, wer von uns sich alles noch das spitze Häubchen aufsetzt?
– Wann: Ende September nach der Ernte
– Freitag: Viehmarkt
– Samstag: Hochzeit
Foto: © Eduardo Bombarelli